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Autobesprechung beim Metzger – Volume 2

Langsam scheint die Sache mit den Autos zum Dauerthema an der Fleischtheke zu werden

Das Jahr geht zu Ende, in der Vorweihnachtszeit herrscht im Restaurant Hochbetrieb! Neben unserem regulären Tagesgeschäft ist die Küche jetzt auch jeden Abend in Betrieb. Der Laden ist bis Jahresende mit Weihnachtsfeiern und Geburtstagen ausreserviert, die Kollegen in der Küche und im Service geben alles, was nach einem langen Jahr noch drin ist.

Am Ende meiner Küchenschicht ist es draussen schon wieder dunkel geworden. Ich muss zum Metzger, um Nachschub zu holen. Ich springe in’s kalte Auto, starte meinen alten Peugeot, schalte die Scheinwerfer und die Heckscheibenheizung ein, drehe das Gebläse voll auf und umkurve den Berufsverkehr in dem ich die kleinen Nebenstrassen benutze. Während ich mich von rechts-vor-links zu rechts-vor-links Kreuzung weiterhangele, gehe ich im Geiste nochmal das Menue durch: Maronisuppe zum Aufwärmen und Magenschmeicheln, dann als Hauptgang Ossobucco vom Kalb auf Safranrisotto –grosses Kino!- und, weil es so schön kalt draussen ist, als Dessert Schokoladenmousse mit kandierten Orangenstreifen. Ich weiss, dass die neue Weinlieferung gestern gekommen ist, Cremant und Champagner wird Anna heute schon kalt stellen, während ich einkaufe. Mineralwasser- und Bierbestände hat sie gestern gecheckt. Ich mache einen Haken hinter die Getränke. Morgen früh, während ich unter der Dusche stehe, wird der Biogrossist aus seinem Lkw einen Gitterwagen auf die Hubbühne ziehen und uns mit neuen, frischen Lebensmitteln beliefern. Sahne, frische Kräuter und Risottoreis? Wird da sein. Salat, Blatt und Mix? Wird auch da sein. Zwiebeln, Sellerieköpfe- und Stangen, Lauch, Karotten und Knoblauch für die Brühe? Hab’ ich bestellt, wird also da sein! Esskastanien? Seh’ ich vor mir, die stehen im Regal oben rechts! Gut, sieht doch ganz gut aus, beruhige ich mich.
Fehlt nur noch das Fleisch. Ich bin spät dran, in 10 Minuten macht er zu, aber ich werd’s noch schaffen.Ich halte in der zweiten Reihe direkt vor dem kleinen Laden, schnippe den Warnblinker an und bin mit 3 Sätzen in der Metzgerei.
„Hallo! Grüss Euch, wie geht’s?“ schnaufe ich im Hereinkommen.
„Hallo mein Lieber, wie geht es dir?“ ist die Begrüssungsformel des Chefs, sein Angestellter und sein kleiner Bruder sind dabei das Fleisch aus den Vitrinen in die hinteren Kühlräume zu bringen, wir nicken uns zu.
„Wie laufen die Geschäfte?“ erkundigt sich der Metzger mit echtem Interesse. Uns verbindet die Solidarität der Selbstständigen.
„Gut! Viel zu tun, wir haben viele Gesellschaften!“
Ich schaue zur Strasse raus, ob mein Auto jemanden stört, so wie es dasteht. Ein Radfahrer muss drumrumkurven.
„Jucef, hast Du die Kalbshaxen bekommen?“
„Natürlich. Ich musste gucken, aber ich habe eine Superqualität bekommen! Die werden dir schmecken!“ Er macht die Geste für „sehr fein!“, die die gemalten, dicken Köche auf den Aufstellern vor den Touristenlokalen machen.
„Toll!“ sage ich knapp angebunden, aber sehr froh, dass Jucef ein so verlässlicher Mensch ist.
Ich zahle, bestätige nochmal meine Bestellung für übermorgen, verabschiede mich und bin wieder raus aus der Metzgerei.
„Nein!“ entfährt es mir laut, als ich meinen Wagen sehe. Die Blinker sind nur noch schwache Funzeln, ein sicheres Zeichen für eine leere Batterie. Ich bete, dass der Strom noch für einen Startversuch reicht, schwinge mich mit den Plastiktüten auf den Fahrersitz, terte die Kupplung ganz durch, stecke den Schlüssel in’s Schloss, halte die Luft an und drehe ihn um: es klickt einmal sehr leise, sonst passiert nichts. Ich versuche es ein zweites Mal, natürlich ohne Erfolg. Mein Zeitplan löst sich in Luft auf. Im Rückspiegel sehe ich die Lichter eines Busses auf mich zukommen, hoffentlich sieht er mich noch in der Dunkelheit.
Als er vorbeigerauscht ist, steige ich aus und rufe Würfelfunk „die Berliner Taxizentrale“ an.
Starthilfe? Moment, ick frage nach, heisst es da. Die Warteschleifenmusik sägt an meinen dünnen Nerven.
„Hallo? Der Kollege kommt in fünfzehn Minuten.“
„Ja, soll kommen!“ antworte ich und gebe meinen Standort durch.Fünfzehn Minuten, wenn bis dahin mal nicht einer auf mich draufgefahren ist, die Blinker sind jetzt ganz tot. Auf der Gegenfahrbahn erspähe ich zwei Taxen, die sich in meine Richtung durch den dichten Verkehr schieben. Die Zweite kann ich anhalten.
„Staathilfe? Nee, det dürfn wa gaanich!“ zuckt der Taxichauffeur zusammen und macht dann ein erschrockenes Gesicht: „Wegen da Elektrik!“ Er fährt sein Fenster schnell hoch und ist froh, dass er vom Verkehr weitergeschoben wird. Ich hüpfe zurück auf den Mittelstreifen und erkundige mich nach dem Kollegen von Würfelfunk.
„Wenn der Kollege nich kommt, kann ich auch nix machn.“
„Vielen Dank, Sie haben mir sehr geholfen!“ rufe ich wütend in’s Handy. Ich überlege, was ein Abschleppwagen kostet, wie weit es in meine Autowerkstatt ist, wie lange es wohl dauert, bis mein Wagen wieder fährt, wieviel das kostet, oder ob ich jemanden kenne, der hier in der Nähe wohnt, ein Auto besitzt und gerade gemütlich auf dem Sofa rumhängt und sich so langweilt, dass er richtig Lust hat, mir in der Kälte hier weiterzuhelfen. Da fällt mein Blick auf die erleuchtete Metzgerei, in der die müden Männer in ihren weissen Kitteln immer noch beim Aufräumen sind. Als mir einfällt, dass Jucef seinen Opel gerne direkt vor dem Laden parkt, schöpfe ich neue Hoffnung. Ich schlängele mich durch die Autos, die sich mit der Geduld der Grossstädter an meinem Wagen vorbeischieben, zurück in den Laden.
Die Männer sehen mich fragend an.
„Jucef, hast du vielleicht dein Auto hier? Ich brauche Starthilfe.“
Der Metzger findet es normal, dass man Starthilfe braucht, aber sein Wagen steht heute um die Ecke, ob ich kurz warten könne, bis sie fertig mit Aufräumen sind, dann wollen sie mir gerne helfen.
„Naja, es ist schon dunkel- und ich hab’ kein Licht mehr, ich steh blöd in der zweiten Reihe!“
Der Metzger zeigt auf seinen kleinen Bruder, der gerade ein halbes Lamm auf der Schulter wegtransportieren will.
„Rachid!“ ruft er laut. Er zeigt abwechselnd auf mich und auf die Strasse, während er seinem Bruder Anweisungen erteilt. Ich kann nicht unterscheiden, ob sie Arabisch oder Berber sprechen, aber da ich auch einen grossen Bruder habe, verstehe ich genau, worum es geht und wer wem anschafft.
Rachid guckt leicht genervt, legt das halbe Lamm ab, versucht mich anzulächeln, kommt hinter dem Tresen hervorgeschossen, nimmt mir den Schlüssel aus der Hand, und ist schon draussen auf der Strasse. Im Vorbeigehen ruft er 2 jungen Männern etwas zu, die am Spätkauf nebenan stehen und auf ihren riesigen Handys rumdrücken. Die zwei reagieren sofort, lösen sich von der Wand und stellen sich mit den Händen am Kofferraumdeckel hinter meinem Peugeot auf, ich beeile mich, ihnen zu helfen. Als Rachid in mein Auto springt, ruft einer der beiden Anschieber:
„Zweiter Gang und Kupplung langsam kommen lassen, Digger!“
Rachid tritt auf die Bremse, sein Oberkörper erscheint in der Tür, er lacht uns an:
„Ey, willst mich auf“n Arm nehm’n? Ich bin so aufgewachsen!“
Die Jungs kichern, wir schieben das Auto an. Als es angesprungen ist, zieht Rachid die Handbremse, steigt aus und wirft mir den Schlüssel zu.
„Hier! Geht wieder!’

 

Text und Foto: Markus Schädel

Geschrieben von: Markus

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