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— Die Bruderschaft der Gastro- Typen

Autobesprechung beim Metzger

Die Bruderschaft der GastroTypen. Abenteuer aus dem weitverzweigten Netz der Hersteller, Lieferanten und Kollegen

Die Stadt ist Berlin, der Stadtteil ist der durcheinandere Wedding. Ich stehe blinkend auf der Linksabbiegerspur um den Gegenverkehr abzuwarten. Diagonal über die Kreuzung sehe ich auf einer Brandwand haushoch ein Portrait der drei inzwischen berühmten Boateng Söhne, Jerome, Kevin- Prince und George: GEWACHSEN AUF BETON. Sie sind von hier, auf dem Bolzplatz um die Ecke haben sie früher gekickt.
Ich parke auf dem grossen Parkplatz vor Lidl und schliesse meinen Wagen ab. Im Weggehen drehe ich mich nochmal um, verwundert über einen offensichtlich sauteuren Sportwagen, der auch vor Lidl geparkt hat.

Auf dem Trottoir sieht man hier die wilde Mischung aus Türken, Arabern, Nordafrikanern, Schwarzafrikanern, deutschem Prekariat, Südamerikanern und humorlosen Salafisten. Dazwischen ab und zu ein oder zwei Hipster, die den Umzug vom mittlerweile teuer gewordenen Nachbarbezirk Prenzlauer Berg gewagt haben.
Vorbei am Gemüseladen, Sat Anlagen, Restaurant Borik kroatische und internationale Spezialitäten, dem Leuchstoffröhren- hellen Teppichhändler (Fussabtreter mit Ferrarilogo), Ugur Imbiss und Kasap, dem Pokalgeschäft und dem Spätkauf. Es ist Samstag morgen kurz nach acht, ich gehe Einkaufen für mein Restaurant.
Von der Strasse aus kann ich schon lesen: Merguez premiere Choix, la Boucherie de votre Confiance: die Metzgerei meines Vertrauens. Kleines Ladengeschäft an dieser grossen Strasse, die Tür mittig, links und rechts je ein Schaufenster. Ich steige zwei Stufen hoch, schiebe mich mit der Schulter voran durch den Fliegenvorhang und trete durch die offene Tür in eine eigene Welt. In diesem Mikrokosmos finde ich mich vor den Verkaufsvitrinen wieder mit Menschen aus aller Herren Länder. Es wird arabisch gesprochen, französisch, auch- aber wenig- polnisch und rumänisch. Die gemeinsame Sprache ist deutsch in allen Akzenten die man sich vorstellen kann.

Hierher komme ich jede Woche selber, egal wie voll meine Woche war, denn ich liebe den Laden und die Typen, die hier arbeiten. Es sind grosse, starke Männer, deren Gesichtern man ihr Leben ansieht. Wenn Du nett zu ihnen bist, sind sie grosszügig zu Dir. An der Art wie sie ihre Waren präsentieren, sieht man den Stolz, den sie ihrer Arbeit gegenüber empfinden.
Wie immer ist der Chef selbst im Laden. Und sein Angestellter, der froh ist, jetzt hier zu arbeiten, statt nachts auf dem Fleischgrossmarkt. Beide stammen sie aus Algerien.

„Morgen, wie geht’s euch?“
Der Chef stützt beide Hände auf, hebt das Kinn leicht an: „Hallo, grüss dich mein Lieber“
Ich nicke. „Hallo Youcef“, in Richtung seines Angestellten: „Hallo“
Der nickt zurück: „Hallo wie geht?“
„Ganz gut. Bischen früh noch. Und du?“
„Ja geht.“
Ich sage, dass ich gerne meine bestellten Hühner, Merguez und Rindergulasch abholen möchte. Die Hühner sind schon verpackt in eine grosse Plastikschale, umwickelt mit Frischhaltefolie und sicherheitshalber nochmal Frischhaltefolie. Das Fleisch wird mit eben geschärften Messern geschnitten. Während es eingepackt wird, werfe ich in die Runde:
„Auf’m Parkplatz steht ein Mercedes, den ich noch nie gesehen hab. Sieht aus wie’n Porsche“
Er guckt verdutzt.
„Wo hast Du geparkt? Bei Lidl?“
“ Ja, der kostet bestimmt 120000″
„Welche? Wie heisst?“
„Weiß ich nicht, hab ich noch nie gesehen.“
„Ich komm mit, ich möchte sehen.“
Ich gucke zum Chef, ob der nicht widersprechen will, aber offensichtlich ist es ihm egal. Also zahle ich rasch, verabschiede mich, zusammen mit dem Kollegen gehe ich raus.

Wir überqueren die 4- spurige Strasse diagonal. 2 Männer im morgendlichen Sonnenlicht, er im Kittel, ich mit schweren Plastiktüten in der Hand, die Stadt ist noch ziemlich leer, ein kurzer Moment des Glücks. Noch vor dem Parkplatz entdecken wir ein riesiges, glänzendes, schwarzes Geländewagenmonster. Ebenfalls ein Mercedes, auf dem Kotflügel steht: V8 Biturbo.
Ich frage: „Wo haben die Typen bloß das Geld her für solche Autos?“
Er erzählt von einem Putzmann, den er kennt, der plötzlich mit einem nagelneuen Mercedes aufgetaucht wäre.
„Ich sage: du, warum diese Auto?“
„Und? Was hat er gesagt?“ will ich wissen.
„Aber diese von die Kinder bezahlt! Nix neu, nur Leasing. Diese machen fünf Kindern und dann: Kindergeld! Davon vierhundert: zack! Für Auto! Was Kinder brauchen oder Schule: egal.“
„Echt? Wahnsinn!“

Wir erreichen den Lidlparkplatz, der Mercedes steht noch da. Es ist ein GT, mattes mittelgrau, das im direkten Sonnenlicht doch noch zu glänzen anfängt. Auf der gesamten Oberfläche ist kein einziger Fleck zu sehen, noch nicht mal Wasserfleckchen. Jemand muß eben erst die Schutzfolie von der Karosserie und den Scheiben gezogen haben. Im Cockpit liegt eine Sonnenbrille.
„Der sieht super aus!“
„Sehr schöne Auto! Aber nix leasing, diese zu teuer“
„Warum steht der Wagen hier?“
Er zuckt mit den Schultern.
„Ist der einkaufen? Bei Lidl? Oder steht der schon die ganze Nacht hier?“
Ich stelle mir selbst die Frage, ob das mein Wagen wäre, wenn ich das Geld hätte.
Wie aus schlechtem Gewissen blicke ich mich um, ob vielleicht der Besitzer von hinten auf uns zukommt, weil wir so neugierig um seinen Wagen herumstreichen, oder weil er sogar meine Gedanken erraten hat.

„Diese mehr als hundertzwanzigtausend. Bestimmt zweihunderttausend! Hast Du gesehn? AMG! Noch teurer!“
Wir laufen um das Auto herum, checken alle Ansichten von allen Seiten. Es ist keine Enttäuschung zu entdecken, die Karosserie ist großartig gezeichnet.
Schliesslich holt er sein Handy aus der Kitteltasche und macht 2 Fotos.
„Meine Sohn wird sicher gefallen!“

 

 

 

 

 

 

Geschrieben von: Markus

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